27.8.07

Segelgeschichten

Man sieht die Wellen durch die Einfahrt kommen... Ich messe 15m/s auf dem Kai.


Die 60-Fuss Yacht aus Darlowo. Habe ich nicht ein niedliches Boot?


Wellen wirken auf Fotos nie...

Nr.1: Ich bleibe auch heute im Hafen. Zwar könnte ich segeln, möchte mein bisheriges Glück aber nicht überstrapazieren. Als ich am Morgen meinen Kaffee zubereite, höre ich lautes Rufen im Hafen und gehe an Deck. Eine riesige polnische Segel-Yacht manövriert auf den Liegeplatz der Fähre zu und legt dort an. Der Hafenmeister läuft aufgeregt quer durch den Hafen und fordert sie zum sofortigen Ablegen auf, denn die Fähre kommt auch unmittelbar danach herein. Sie dreht noch einmal und verlässt den Hafen wieder für eine Warteschleife. Die Polen haben offensichtlich Probleme, bei dem stark auflandigen Wind wieder vom Kai freizukommen. Ein Bugstrahlruder setzten sie nicht ein, was ich bei der Yachtgröße erwarten würde. Als sie endlich freikommen, steuern sie direkt den Liegeplatz vor mir an, was mich etwas ängstigt: Souverän sah das bisher nicht aus, und was mich irritiert ist, dass der Skipper keine klaren Kommandos gibt. Da scheint jeder auf eigene Faust zu agieren und das macht mich nervös. Sie knallen auch erstmal mit dem Bug vor den Kai und bekommen dann das Schiff längsseits. Dabei bewegen sie sich fast ständig auf Tuchfühlung mit meinem Schiff. Letztlich geht aber alles gut ab und sie kriegen das Schiff fest.
Ein Besatzungsmitglied kommt nach einer halben Stunde zu mir und will sich eine elektrische Lenzpumpe ausleihen. Der Ankerkasten sei leckgeschlagen und sie hätten schätzungsweise 2-3 Tonnen Wasser im Boot. Zudem sei das Bugstrahlruder ausgefallen. Ich habe zwar eine fest eingebaute mechanische Lenzpumpe, aber keine elektrische. Der Hafenmeister organisiert das für sie.
Am Nachmittag unterhalte ich mich noch einmal mit dem Skipper. Die Yacht sei ein Prototyp und erstmalig unterwegs. Die eigentliche Baugröße soll 80 Fuß sein. Der Yacht-Designer sei auch an Bord.
Ich kann mir nicht verkneifen, eine Bemerkung über die fehlende Lenzpumpe zu machen, was er mit gequältem Lächeln quittiert. Die Geschichte bringt mich noch mal zum Nachdenken, worauf es beim Segeln ankommt. Ich bin da bekennender „Erdmann-Jünger". Seine Philosophie vom „Einfachen", aber „Zweckmäßigen" an Bord ist einleuchtend. Diese Millionen-Yacht hätte sich im Ernstfall (z.B. auf hoher See) möglicherweise nicht aus eigener Kraft über Wasser halten können!


Nr.2: Ein älterer Herr spricht mich auf „berlinerisch" an. Er freue sich immer, deutsche Segler zu sehen. Wehmütig erzählt er von seinen 40 Segler-Jahren, jetzt könne er nicht mehr segeln. Auf mich macht er aber einen sehr rüstigen Eindruck und ich empfehle ihm, diese Annahme noch einmal zu überprüfen. Als ich ihm erzähle, dass ich seit April unterwegs bin, beneidet er mich. Das habe er auch immer gewollt, aber seine Frau habe ihn nicht gelassen. Ich bedanke mich innerlich bei meiner Frau, die diese Reise immer unterstützt hat und bin froh, dass ich meine Reise verwirkliche.