8.9.07

Runde komplett!

Die Runde ist heute mit dem Anlaufen von Warnemünde vollendet. (Bild anklicken)


BF 7-8 in Warnemünde Alter Strom



Seglergeschichten sind wie Anglerlatein – wahrscheinlich stimmt nur die Hälfte. Das ist aber egal, denn sie beschreiben, was jemand in der Situation gefühlt hat. Wellenhöhe ist z.B. so eine Sache. Auf Fotos machen sie wenig her. Man sieht nicht, wie sich eine solche Situation anfühlt. Aber der Reihe nach…
Nach dem Wetterbericht gibt es nur das Zeitfenster Samstagmorgen, um nach Warnemünde zu fahren. Bei NW-W fahre ich nicht gegenan nach Fehmarn. Der Bericht sagt NW 5 zunehmend, See 2 Meter zunehmend. Die Alternative: das Wochenende in Gedser bleiben. Das will ich nicht. Also schlafe ich unruhig, denn ich weiß, was auf mich zukommt. Mein Plan ist, früh loszufahren, um dann am Mittag in Warnemünde zu sein, bevor es richtig ungemütlich wird. In der Nacht heult der Wind in den Wanten. Das entmutigt. Trotzdem lege ich dann um 6.30 ab. Nur unter Fock und Motor geht es los. Das Großsegel lasse ich unten, denn ich möchte auf den Wellen nicht auf dem Vorschiff herumklettern. Zunächst geht alles noch entspannt, da die Wellenhöhe unter Land noch gering ist. Je weiter ich von Gedser weg bin, desto höher werden die Wellen. In schöner Regelmäßigkeit laufen Gruppen von Wellen durch, die wesentlich höher sind als die Durchschnittlichen. Und sie brechen – das ist das Problem. Irgendwann erwischen sie dich und das passiert mir heute auch: eine brechende Welle trifft das Heck von steuerbord und reißt das Boot herum. Ich lasse mich instinktiv auf die Knie fallen, um nicht das Gleichgewicht komplett zu verlieren. Aber DINE ist hart im nehmen. Ich weiß, das der Skipper eher schlappmacht, als das Boot und das ist irgendwie auch beruhigend zu wissen. Das Unangenehme ist heute, dass ich die Wellen vom Kurs her fast querab von steuerbord bekomme. Kurz vor Warnemünde erlebe ich einige Wellen, die mindestens 2,5 Meter hoch sind. Ich peile die Wellenberge stehend im Cockpit auf Augenhöhe. Ein Blick auf das GPS lässt mich dann doch erschrecken: DINE surft in einer Bö mit 9,1 (in Worten: neunkommaeins) Kn eine Welle herunter. Das ist viel für ein Boot, dass sich sonst mit 3-4 Kn bewegt. Der Pinnenpilot ist damit natürlich überfordert, also steuere ich selbst. Nach ein paar Stunden tun mir die Füße höllisch weh, weil ich mich ständig in der Schräge abstützen muss. Und jetzt was Intimes. Irgendwann muss man auch in dieser Situation die Blase entleeren. Ich habe schon Boote gesehen, die hatten einen großen Trichter mit Gartenschlauch an der Reling befestigt. Das ist mir aber doch zu rustikal. Sich an die Reling zu stellen ist indiskutabel: die Gefahr, über Bord zu gehen ist zu groß. Meine Methode: erst in die Pütz, dann über Bord. Das hört sich leichter an, als getan. Man stelle sich vor, man steht auf einer trabenden Kuh, kann sich mit einer Hand festhalten und versucht mit der anderen Hand sich aus dem Ölzeug zu pellen…
Kurz vor Warnemünde kommen mir einige Yachten entgehen, die atemberaubende Bocksprünge auf den Wellen machen. Ich denke, die sind verrückt, bei solchen Bedingungen den Hafen zu verlassen - das würde ich nicht machen. Dann wird mir bewusst, wie absurd dieser Gedanke ist… Aber ich weiß, dass ich solche Törns nicht unbedingt haben muss und bin froh, diese Situation in diesem Jahr nicht oft gehabt zu haben. Dann lieber Flaute…
Warnemünde ist leider im September noch proppenvoll. Ich finde im „Alten Strom“ nur einen ungünstigen Platz an der gegenüberliegenden Seite der Altstadt und ziemlich im Wind. Zudem liegt gegenüber ein Rummelplatz und ich werde ununterbrochen mit Schlagern und wenig originellen Ansagen eines Diskjokeys beschallt. Was soll’s – ich bin heil im Hafen. Und das war heute ein besonderer Schlag, denn in Warnemünde war ich schon am 11. April und damit ist mein Ostseetörn rund: ziemlich genau 2000 SM liegen bis heute im Kielwasser von DINE.
Nachtrag 21.00 Uhr: Habe ich heute mein Glück überstrapaziert? Der Wind steht mit 18 m/s = Bf 8 auf meinem Boot.! Alle Crews sind damit beschäftigt, ihre Boote zu sichern…