Suur Pellinki
Schärensegeln
Ankerbucht
Ein Tag der Überraschungen. Am Morgen strahlender Sonnenschein und Bf 3 aus NW. Ich breche auf nach Suur Pellinki und kann bei dem Wind schön nach SO segeln. Ich möchte dort die „Erdmann- Bucht“ besuchen und dort ankern. Wilfried Erdmann und seine Frau Astrid haben 1993 die Ostsee umrundet und die Reise in dem Buch „Ostseeblicke“ verarbeitet. Sie ankern am 17.6.93 in einer Bucht, die sie begeistert beschreiben: „In einer Bucht, eingekesselt von sieben Inseln, fällt der Anker auf 8 Metern Tiefe. (…) Hier bleiben wir! (…) Haben wir doch beide lange genug nach einer einsamen idyllischen und geschützten Ankerbucht Ausschau gehalten. Alle Ufer sind rund hundert Meter entfernt, auf einigen türmen sich große Steinbrocken. Halb hoch gezogen liegt auf einem ein Boot. Dahinter in der Wildnis, kaum sichtbar eine Holzhütte. Sonst nichts: kein Mensch, kein Dorf, absolut nichts.“
Da will ich auch hin! Die Lektüre des Buches war u.a. ein Grund für diesen Törn. Ich war vor 30 Jahren schon einmal in Finnland und hatte die Bilder im Kopf nie vergessen. Sie deckten sich mit der Erdmann-Beschreibung.
Am frühen Nachmittag schläft der Wind ein und ich überlege, den Motor anzuwerfen. Da höre ich von vorn ein Rauschen und beobachte auf dem Wasser herannahenden Wind. Schlagartig bläst es aus SW mit Bf 5-6. Was mir zunächst nicht unangenehm ist, wird dann aber zur Herausforderung als ich nach SE die schützenden Schären kurz verlassen muss: es hat sich eine kurze steile Welle aufgebaut und Gischt spritzt über das ganze Boot. Das geht alles so schnell, dass ich vergesse zu reffen. Jetzt geht es nicht mehr, denn der Autopilot ist mit der Welle überfordert. Im Boot fliegt alles durcheinander und ich muss unter Groß in das Fahrwasser nach Suur Pellinki einlaufen. Erst bei halben, dann achterlichem Wind fliege ich an den Kardinaltonen vorbei und kann dann nach Norden zwischen den Schären in geschütztere Gewässer einlaufen. Dann erreiche ich die Erdmann-Bucht.
Um es vorwegzunehmen: Suur Pellinki ist schön! Und dennoch bleibt an Anflug von Enttäuschung. Bilder entstehen im Kopf und mir war klar, dass zwischen Erdmanns Empfindungen und meinen ein Unterschied bestehen könnte. Zudem sind 14 Jahre vergangen. Rund um die Bucht gibt es jetzt Ferienhäuser. Keine Schäre, auf der nicht ein Haus stünde. Ganze Inseln, auf denen die Aufschrift „Privat“ prangt. Jetzt ist hier keine Saison und die Häuser sind größtenteils nicht bewohnt, aber ich hatte gehofft, das östlich von Helsinki wirklich Wildnis ist. Offensichtlich hat hier in den letzten Jahren eine rege Bautätigkeit stattgefunden. Das konnte ich in den letzten Tagen auch beobachten. Bagger werden auf Pontons auf die Schären gebracht und bereiten die Bauplätze vor. Die liegen z.T. abenteuerlich auf Felsen oder gar einzelnen grossen Felsbrocken.
Also: ich fühle mich hier nicht so einsam und auf der Suche nach „meinem“ Ankerplatz mache ich bald einen Fehler. Gut, das ich das Echolot eingeschaltet habe, denn es gibt plötzlich Alarm und ich kann die Felsen unter Wasser sehen. Volle Kraft zurück! Da ich nur Schleichfahrt mache, geht alles gut. Ich finde bei dem Starkwind eine geschützte Stelle vor einer „Privatinsel“ und werfe dort den Anker. Nochmal: die große Wildnis ist es nicht, aber trotzdem wunderschön…
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